Skat-Geschichte hautnah erleben
Geschichtsunterricht hat den Ruf, manchmal etwas langweilig zu sein. Diese Gefahr sehen wir bei der historischen Entwicklung des Skatspiels nicht! Denn die Geschichte des Skat besteht aus zwei Jahrhunderten Kartenspieltradition. Sie war im Laufe der Zeit sehr lebendig und abwechslungsreich, wie unsere folgende Zusammenfassung zeigt.
Altenburg 1813 – das Skatspiel wird geboren
Wir können es zwar nicht mehr hautnah miterleben, uns aber umso lebhafter vorstellen: Eine Herrenrunde trifft sich regelmäßig nach getaner Arbeit zum geselligen Kartenspiel. Mit dabei sind der Hofadvokat Friedrich Ferdinand Hempel, ein Medizinalrat namens Dr. Carl Ludwig Schuderoff, Kanzler Hans Carl Leopold von der Gabelenz und Ratsherr Carl Christian Adam Neefe. Natürlich geht es um Geld, und wie man sich denken kann, sind Tabak und Alkohol wohlwollende Begleiter. Doch an jenem Abend im September 1813 scheint es zu einem kleinen Missverständnis gekommen zu sein: Die Herren können sich nicht einigen, ob sie die Karten für Tarock, L’Hombre oder Schafkopf, eine neue Spielvariante aus Böhmen, mischen sollen. Das Kartenspiel aufzugeben war wohl keine ernsthafte Option, und so warf man die verschiedenen Zutaten in einen Topf, um schließlich ein völlig neues Spiel zu schaffen, das die verschiedenen Merkmale seiner Vorgänger in sich vereinte. Eine erste schriftliche Erwähnung findet sich 1818 in den „Osterländer Blättern“.
1813 bis ca. 1817 – die Regeln werden verfeinert
Die ersten Skatspiele hatten wahrscheinlich noch nicht viel mit dem Spiel zu tun, das wir heute kennen. Die Feinheiten, die der heutige Skatfreund schätzt, mussten erst im Laufe der Zeit entwickelt werden. So wurde in den Anfängen wahrscheinlich ohne Reizung gespielt. Der Kartengeber erhielt immer die beiden restlichen Karten als elfte und zwölfte Karte. Damit wurde er zum Alleinspieler, unabhängig davon, ob sein Blatt Gewinnchancen hatte oder nicht. Neben den Buben kannte man auch eine ständige Trumpffarbe, nämlich Karo, eine Regel, die sich heute noch ein wenig im Doppelkopf wiederfindet. Der einzige Vorteil des Alleinspielers war die Möglichkeit, zwei unpassende Karten abzulegen. Die Folge war natürlich, dass die meisten Spiele verloren gingen - Skat à la Wildwest, in ähnlicher Form gibt es heute noch die Variante Räuberskat.
Kurzfristig mögen diese Regeln ihren Reiz gehabt haben, aber auf Dauer war es wohl nicht so lustig. Es wurde weiter experimentiert, z.B. mit einer zufälligen Trumpfwahl nach der untersten Karte. Damit hatte der Alleinspieler zwar immer mindestens einen Trumpf in der Hand, aber seine Gewinnquote verbesserte sich nicht wesentlich. Schließlich ging man dazu über, es jedem Spieler selbst zu überlassen, ob er die Rolle des Alleinspielers übernehmen wollte. In der Reihenfolge Vorhand, Mittelhand, Hinterhand wurde die Frage gestellt, ob man das Spiel machen wolle. Die unterste Skatkarte wurde als Trumpffarbe aufgedeckt. Eine Regel, die sich heute noch im Klappern oder Klammern findet.
Um 1817 soll dann Carl Neefe mit der Matadoren- oder Spitzenrechnung ein Element in das Spiel eingeführt haben, das noch heute die Grundlage für das so typischen Reizen bildet.
ca. 1820 bis 1880 – das Skatspiel breitet sich aus
Das Skatspiel gewinnt immer mehr Anhänger. Zunächst war es ein beliebter Zeitvertreib der Studenten an den sächsisch-thüringischen Universitäten Jena, Halle und Leipzig. Von diesen Keimzellen aus verbreitete es sich in den folgenden 60 Jahren zu Spielern in fast allen Teilen Deutschlands. Mit der weiten Verbreitung entstanden auch viele lokale Spielvarianten und Sonderregeln, die zum Teil noch heute bekannt sind. Diesen Wildwuchs zu bändigen, machten sich im Laufe der Jahre einige Förderer zur Aufgabe. So verfasste der Gymnasialprofessor Johann Friedrich Ludwig Hempel 1848 ein erstes Regelbuch zum Skatspiel. Es dauerte noch einmal fast 40 Jahre, bis vom 7. bis 9. August 1886 in Altenburg der erste Skatkongress stattfand, auf dem die von Karl Buhle entworfene Allgemeine Deutsche Skatordnung angenommen wurde.
Das Skatspiel in den Schützengräben
Im Ersten Weltkrieg erlebten Spielkarten einen regelrechten Boom. Wer an der Front kämpfte, hatte im endlosen Stellungskrieg zwischen den Kämpfen viel Zeit. Gleiches galt für die vielen Verwundeten in den Lazaretten. Nicht zuletzt um die Moral zu heben und von den Grausamkeiten des Krieges abzulenken, bedurfte es der Zerstreuung. Was lag da näher, als sich die Zeit mit dem beliebten Kartenspiel zu vertreiben?
Regierung und Generäle erkannten das Skatspiel als billiges und probates Mittel zur Beschäftigung und Aufmunterung des Fußvolkes und nutzten es darüber hinaus zu Propagandazwecken. Blätter mit patriotischen Motiven wurden zu Hunderttausenden hergestellt und kostenlos an die Soldaten verteilt. Das bekannteste ist wohl das Kriegs-Kartendeck: Neben patriotischen Parolen wurden Schlachten, Hochadel, Generäle und sogar Kaiser Wilhelm - als Pik-König - abgebildet. Auch das Skatspiel war ein probates Mittel der Kriegsberichterstattung. Der Zivilbevölkerung wurde ein verklärtes Bild vom scheinbar unbeschwerten Frontalltag der Soldaten vermittelt. So wurde das Skatspiel sogar zu einem kriegswichtigen Gut.
Für die Entwicklung des Spiels selbst hatte der Schützengrabenskat auch etwas Gutes: Das Zahlenreizen setzte sich allmählich gegen das Bildreizen durch, das Regelwerk wurde also weiter vereinheitlicht. 1927 wurde das Zahlenreizen auf dem XI. Kongress in Altenburg endgültig beschlossen.
Prominente aus Kunst und Kultur begeistern sich für Skat
Skatspieler sind bekanntlich ein Völkchen für sich und werden wegen ihrer Leidenschaft von Nichtspielern gerne belächelt oder gar angefeindet. Umso schöner ist es, dass auch so mancher kreative Feingeist der Faszination des genialen Knobelspiels Skat erlegen ist und dem Spiel in vielfältigen Varianten Denkmäler gesetzt hat.
Ein Höhepunkt ist sicherlich die Würdigung des berühmten Komponisten und Musikers Richard Strauss, der 1864 in München geboren wurde. Er lernte das Skatspiel 1890 in Weimar kennen und spielte es seitdem bei jeder sich bietenden Gelegenheit, wie seine Familie auf der ihm gewidmeten Homepage berichtet. In der Oper Intermezzo, die am 4. November 1924 im Dresdner Schauspielhaus uraufgeführt wurde, finden wir im zweiten Akt die Hauptfigur Storch beim Skatspiel in einer Herrenrunde, wobei das „Kartenmischen“ musikalisch vom Klavier begleitet wird.
Erwähnenswert sind auch die komödiantischen Umsetzungen. Otto Waalkes hat einen kleinen, aber feinen Sketch aufgeführt, in dem er die Skatspieler sehr pointiert, aber liebevoll auf die Schippe nimmt.
Noch bekannter dürfte die Umsetzung von Vicco von Bülow alias Loriot sein: Eingeleitet mit den Worten
"Nicht selten zeigt ein Mann erst beim Kartenspiel seine besten Eigenschaften: Intelligenz, Toleranz und Disziplin."
lässt er hier Protagonisten mit ganz unterschiedlichem Hintergrundwissen miteinander spielen – da treffen verschiedene Welten aufeinander. So verwundert es nicht, dass Herr Moosbach – gespielt von Loriot selbst – seine Spielkameraden Vogel und Striebel an den Rand der Verzweiflung treibt. Zwischendurch jedoch offenbart Moosbach viel Weisheit, von der sich so mancher Skatspieler eine dicke Scheibe abschneiden könnte und die wir nur wärmstens weiterempfehlen können, etwa:
"Spiel ist etwas Heiteres – es soll Freude machen."
1899 bis heute – Skatfreunde organisieren und engagieren sich im DSkV
Einheitliche Regeln, um sich im sportlichen Wettkampf fair zu messen, sowie die Verbreitung und Pflege des Spiels: So lassen sich wohl die Kernanliegen der engagierten Skatfreunde von damals bis heute beschreiben. Seit 1899, dem Gründungsjahr des Deutschen Skatverbandes, ist die Geschichte des Skatsports eng mit dem DSkV verbunden. Eine ausführliche chronologische Darstellung der Entwicklungen und Protagonisten findet sich auf den Seiten des DSkV.
Auch heute noch wird in den Gremien der organisierten Skatszene ständig um den besten Weg gerungen, denn das Spiel lebt, entwickelt sich weiter, passt sich neuen Gegebenheiten an (das Online-Skatspiel ist hier ein gutes Beispiel). Die Nachwuchsgewinnung ist ein wichtiger Punkt, da die Spielerzahlen eine rückläufige Tendenz aufweisen. 2016 wurde das Spiel als immaterielles Weltkulturerbe geadelt.
Wenn wir dein Interesse für die organisierte Skatszene geweckt haben, die eng mit der Geschichte des Skatspiels verbunden ist, kannst du hier mehr über die Vereine und den DSkV erfahren.